Nieder mit den Umständen! Die machen es uns in Busan nicht gerade leicht. Mittlerweile ist nicht nur Henrik (immer noch) kränklich, auch Amina hat jetzt Halskratzen und ist etwas schlapp. Junes ist ebenfalls nicht fit, er hat sich den Magen verdorben. In der Sonne ist es heute zwar herrlich warm, gleichzeitig aber geht ein eiskalter Wind. Auf dem Weg hoch ins Gamcheon Culture Village verlaufen wir uns in dem Gewirr unzähliger Gassen, steiler Treppen und winziger Häuser und kommen verschwitzt und ausgehungert in dem aufgehübschten Stadtviertel oben auf dem Berg an. Ganz nett ist es hier mit den kleinen Läden und trendigen Cafés, aber auch ein bisschen sehr Instagram-mäßig. Ein Filmteam ist gerade dabei, ein Set einzurichten. Hier kann man sicher schöne Szenen drehen. Ein richtiges Restaurant zum Ausruhen und Mittagessen finden wir allerdings nicht, weswegen wir leicht frustriert wieder abziehen und mit dem Bus die steilen Straßen hinunter ins Viertel hinter dem Jagalchi Fischmarkt kurven. Dort können wir in Ruhe sitzen und uns mit Reis, Fisch, Fleisch und Kimchi ordentlich stärken.
Jagalchi Fischmarkt
Krass, was es hier alles gibt. Fische in allen Farben und Formen: kleine und große, lange und kurze, dicke und dünne. Lebendig, ausgenommen, getrocknet, geräuchert, frittiert, gebraten. Dazu Seegurken, Igelwürmer, Aale, Tintenfische, Kraken, Oktopusse, Muscheln, Garnelen, Krabben und riesige Krebse. Alles, was das Meer zu bieten hat, ist im Angebot. Alles sieht frisch aus, egal ob an den kleinen oder den großen Ständen. Mittendrin kleine Restaurants, die ihre meist noch lebendigen Hauptzutaten vor den Eingangstüren drapieren. Unter besseren Umständen hätten wir uns hier sicherlich durchgeschlemmt und probiert. Wobei bei manchen Produkten muss man schon genau überlegen, ob man sich das wirklich traut. 🙂 Wie bereits berichtet sind wir heute aber alle nicht ganz auf der Höhe und belassen es deswegen bei staunendem Vorbeischlendern an einer der wichtigsten Institutionen in der Hafenstadt Busan.
Auf dem Seeweg
Vermutlich ist es der Tatsache geschuldet, dass der Fährbetrieb zwischen Südkorea und Japan nach den Jahren der Corona-Pandemie erst vor kurzer Zeit wieder in Betrieb gegangen ist und die Abläufe noch nicht wieder routiniert funktionieren. Denn es ist eine ganz schön zähe Angelegenheit, bis wir um 22.30 Uhr endlich in See stechen und die Fähre der Camellia Line den Hafen Busan in Richtung Japan verlässt. In der Bestätigungsmail war die Abfahrt noch mit 20 Uhr angekündigt, der Check-In zwischen 16 und 18:30 Uhr. Wir kommen also gegen 17 Uhr mit ausreichend zeitlichem Puffer am Fährterminal an, um alle Formalitäten entspannt erledigen zu können. Viel zu früh, wie wir schnell merken. Am Ende betreten wir das Schiff nach langem Warten erst um 20:30 Uhr, nur um weitere zwei Stunden fest vertäut im Hafen zu liegen. Und wir liegen im wahrsten Sinne des Wortes: in unserer japanisch anmutenden Kabine gibt es keine Sitzgelegenheiten, sondern nur den typischen Mattenboden Tatami und Futons. Das macht das Ganze zu einer sehr gemütlichen Angelegenheit: Bis wir aus unserem Fenster der Busan Harbor Bridge ein letztes Mal beim Leuchten zuschauen können, verbringen wir den Abend mit unseren mitgebrachten Speisen und Getränken und einem schlechten Film im englischsprachigen TV. Danach lassen wir uns vom sanft rollenden Schiff in den Schlaf wiegen und träumen von Sushi, Sashimi, Ramen, Onsen, Michi-no-Eki, sprechenden Automaten, usw. usw. usw.
Die Einreise im Hafen Hakata am nächsten Morgen gestaltet sich erstaunlich zügig und reibungslos. Mal abgesehen davon, dass Henriks Rucksack offensichtlich verdächtigt genug aussieht, dass die Grenzbeamtin einen Blick hineinwerfen möchte und Abstriche auf Drogenspuren hin vornimmt. Dabei ist die Dame gleichzeitig sehr interessiert daran, wo wir herkommen, wieso wir in Südkorea waren, wie lange wir bleiben und am Ende ziemlich baff, was wir so alles hinter uns und noch vor uns haben. Sie wünscht uns zum Abschied eine gute Reise und kurze Zeit später sitzen wir in einem altmodischen Stadtbus und fahren ins Zentrum von Fukuoka.
Bis wir unser Wohnmobil übernehmen können, verbringen wir noch einen Tag in der Stadt und eine vorläufig letzte Nacht im Hotel. Wir machen einen Spaziergang an der Strandpromenade entlang, vorbei am Fukuoka Tower und dem riesigen Baseball-Stadion PayPay Dome. Dabei fallen uns gleich mal zwei typisch japanische Besonderheiten auf: alle paar Meter steht ein Getränkeautomat (verdursten werden wir also nicht) und im Vergleich zu den vielen großen Limousinen, die das Straßenbild in Südkorea geprägt haben, hält man es hier eher mit kleinen, knubbeligen Autos. Sehr sympathisch.
Dann haben wir noch eine letzte wichtige Angelegenheit zu erledigen: die Übersetzung unserer Führerscheine in japanische Schriftzeichen. Dazu fahren wir uns Büro des Automobilverbandes JAF, wo wir von zwei unglaublich hilfsbereiten und freundlichen Mitarbeiterinnen beraten und bei den Anträgen für die Übersetzungen unterstützt werden. Die beiden legen sich mächtig ins Zeug und versprechen, alles dranzusetzen, damit wir die Ergebnisse spätestens am nächsten Tag erhalten. Am Ende übertreffen sie sich selbst, und noch am selben Nachmittag bekommen wir per E-Mail die Bestätigung und können die japanischen Dokumente in einem der unzähligen 7-Eleven Kombini am Automaten ausdrucken. Jetzt sind wir endgültig in Japan angekommen und startklar für den zweiten Teil des zweiten Teils unserer Reisen. 🙂
Die Igelwürmer erinnern mich an irgend etwas, ich komme aber nicht drauf, was…