Vermutlich kommt keine Naturdoku über Japan ohne diese Tiere aus. Schon in den letzten beiden Tagen haben wir bei unserer Fahrt durch die japanischen Alpen einige ihrer Brüder und Schwestern am Straßenrand sitzen, spazieren, klettern und springen gesehen. Doch hier, im Jigokudani Yaen Kōen Affenpark, liegt das gesellschaftliche Zentrum der Japanmakaken-Population auf Honshū, rund um einen knapp 30 Quadratmeter großen Onsen, gefüllt mit dem Wasser einer heißen Schwefelquelle. Hier lassen sie es sich gutgehen, hängen faul im Wasserdampf und betreiben ausgiebig gegenseitige Fellpflege. Und sind im besten Sinne drollig, süß und ein großes Amüsement. Die weltweit bekannten Bilder der Schneeaffen beim gemeinsamen Bad im Onsen bekommen wir leider nicht, das heiße Wasser nutzen die Tiere lediglich im Winter und heute ist es unter einer strahlenden Sonne bereits frühlingshaft warm. Unverrichteter Dinge wollen wir gerade aufbrechen, da unternimmt doch noch ein Makak einen kurzen Tauchgang, um die letzten Futterkrümel vom Boden des Onsen abzufischen. Eine badende Venus haben wir da eher nicht vor uns, aber immerhin wird uns freundlicherweise zum Abschied das USP des Affenparks präsentiert. Dankeschön!

Es geht sehr entspannt zu bei den Makaken. Denkt man, und doch bricht unvermittelt ein kurzes, aber heftiges Gekreische aus. Dann jagen sich zwei der Tiere gegenseitig die Felsen rauf und runter und die ganze neugierige Meute zum Gaffen hinterher. Also letztlich wie bei den Menschen, wenn es zu viel Testosteron im Körper oder zu wenig Platz auf der Straße gibt. Wobei Menschen und Gaffen … das passt ja dann schon wieder ganz gut zu dem, was wir hier heute tun. Zusammen mit vielen anderen an einem Montagvormittag. Wir wollen uns gar nicht ausmalen, wie es am gestrigen Sonntag hier zugegangen sein mag. Wobei sich die Ortsansässigen vermutlich auch von zehnmal so vielen Besucher:innen kaum aus der Ruhe bringen lassen dürften. Es stellt sich so oder so die Frage, wer hier am Ende eigentlich wen beobachtet?

Unvermitteltes Sightseeing

Sich verfahren kann hilfreich sein. Einfach mal ein, zwei Minuten die Augen nicht auf Google Maps richten, den Abzweig verpassen und unvermittelt vor einer sämtliche Häuser überragenden Buddha-Statue stehen. So passiert es uns am Freitag auf unserer Fahrt in den Hakusan-Nationalpark. Also nix wie rein in den Tempel Ryōchū-ji in Nagahama, auf dessen Gelände die eindrückliche, 28 Meter hohe Statue des Buddha mit der Geste des Gyan Mudra als Symbol für Weisheit und Wissen steht. Angeblich hilft diese Geste dabei, die Konzentration zu fördern. Nun ja, wenn eine kleine Unkonzentriertheit ein so schönes Ergebnis zu Tage fördert, überlegen wir uns lieber zweimal, wann genau wir Gyan Mudra für uns nutzen wollen und wann besser nicht. 😉

Grau, grau, grau …

Eine Schlechtwetterfront zieht über Honshū hinweg. Der Samstag startet nasskalt und wolkenverhangen. Den Vormittag können wir glatt vergessen und machen es uns so gut es geht im Wohnmobil gemütlich. Irgendwann ist es dann zumindest von oben nicht mehr nass, und wir besichtigen die nahegelegenen historischen Dörfer und Weltkulturerbestätten Gokayama und Suganamo. Wir staunen ob der ungewöhnlichen Fachwerkhäuser mit ihren steilen Reetdächern und Dämmungen. Ideal, um den Schneelasten und kalten Temperaturen des Winters zu wiederstehen. Und optisch sehr stimmig mit der Berglandschaft drum herum. Das Dorf Gokayama und seine Häuser sind als Freilichtmuseum begehbar, im benachbarten Dorf Suganamo wird das Ensemble der großen Häuser mit Platz für bis zu 50 Personen als eine Art Schullandheim genutzt. Inklusive handbetriebener Seilbahn über den Fluss Shō mit einem Korb aus Weidengeflecht. Im Sommer sicherlich ein großer Spaß. Hoffentlich haben die Schulklassen bei ihren Besuchen dann besseres Wetter als wir heute.

Nach dem Besuch der Gassho-Häuser wollen wir eigentlich die kleine Straße hoch zum See Shiramizu im Herzen des Hakusan-Nationalparks fahren. Doch daraus wird leider nichts, die Straße ist direkt hinter dem Abzweig im Tal mit einem Tor versperrt. Und es ist deutlich sichtbar, wieso: Der Weg ist voller Geröll, Blätter und in keinem guten Zustand. Vermutlich ist den ganzen Winter über hier niemand hinauf gefahren und muss die Straße für die Sommersaison erst noch fit gemacht werden. Damit erübrigt sich dann auch die Frage, ob wir noch eine weitere Nacht im Tal des Shō übernachten oder gleich weiter in Richtung des Chūbu-Sangaku-Nationalparks fahren wollen. Bei dem trüben Wetter und noch reichlich Nachmittag auf der Uhr entscheiden wir uns für Letzteres und ziehen etwas unverrichteter Dinge weiter gen Osten, in der Hoffnung auf einen sonnigen Sonntag.

Blau, blau, blau …

Kaiserwetter! Wintermärchen! Ein Traum in blau und weiß!

„Und wann der Schnee staubt, und wann die Sunn‘ scheint, dann hob‘ i ollas Glück in mir vereint. I steh‘ am Gipfel schau‘ obe ins Tal. A jeder is glücklich, a jeder fühlt sich wohl.“

Gut, Skifoan will hier oben niemand, es gibt auch keine Skilifte im Nationalpark. Dafür aber sind etliche Japaner:innen mit Steigeisen oder Schneeschuhen unterwegs. Die braucht man auch bei geschätzt zwei Meter Schnee, die rund um die Gipfelstation der Shinhotoka Seilbahn immer noch liegen. Mit der doppelstöckigen Kabine fahren wir am Vormittag zur Gipfelstation auf knapp 2.200 Metern und können uns am Panoramablick von der Aussichtsplattform lange nicht sattsehen. Was für einen Unterschied blauer Himmel und wärmende Sonnenstrahlen doch ausmachen. Eine wunderschöne Landschaft und atemberaubende Winteratmosphäre. Wir sind Glückskinder, glücklich wie der große Wolfgang Ambros beim Blick ins Tal.

Außer schauen und staunen können wir hier oben leider nicht viel machen. Uns fehlt schlicht die passende Ausrüstung. Immerhin ein kleiner Rundgang durch den verschneiten Wald rund um die Station ist drin. Wobei wir bei der ersten steileren Passage schon wieder kehrt machen müssen. Zu rutschig ist das Geläuf für unsere nicht ganz passenden Schuhe. Trotzdem ein wunderbar gelungener Vormittag bei traumhaften Bedingungen.

Im Gänsemarsch

Reichlich skurril: wie an einer Perlenschnur aufgereicht werden wir Besucher:innen auf Socken durch das Innere der Krähenburg von Matsumoto geleitet. Stehenbleiben ist nicht drin, der unmittelbar darauf folgende Menschenstau würde die unermüdlich Anweisungen gebenden Angestellten vermutlich in größte organisatorische Bedrängnis bringen. Also schleichen wir weiter im Gänsemarsch hintereinander her, vom ersten hinauf bis in den sechsten und letzten Stock. Dort geht es für alle eine Runde die Außenwände entlang, um sich im Anschluss diesselbe Treppe hinunter am Gegenverkehr vorbeizuquetschen, die man drei Minuten vorher hinauf …

Ach, irgendwie ist das auch ganz spaßig, so eine relativ sinnfreie Besichtigung einer durchaus sehenswerten Burganlage, eine der wenigen original erhaltenen im Übrigen. Von außen ist der Bau sehr reizvoll und eindrücklich anzuschauen. Von innen an einem Sonntag bei bestem Ausflugswetter irgendwas zwischen amüsant und anstrengend. Leider rennt uns die Zeit ein wenig davon, um noch ein paar Impressionen von Matsumoto einzufangen. Der Parkplatz macht gleich zu und wir wollen unbedingt unser Wohnmobil noch ein paar Kilometer in Richtung Norden steuern. Die Schneeaffen im Jōshin’etsu-kōgen Nationalpark locken uns zu sich.

Ein Kommentar

  1. Wunderschöne Fotos in den Bergen. Manchmal gehört ein bisschen Glück auch dazu.
    Schön, dass die Japaner den NP nicht für Kommerz freigegeben haben. Wenn auch der Schnee sehr verlockend für ein Skitour oder Tiefschneefahrt wirkt.
    Liebe Grüße,
    Jindra

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