Wir sind weiterhin unterwegs in den verschiedenen Präfekturen von Kyūshū, der Inselwelt im Westen des Landes. In Ushibuka in der Präfektur Nagasaki verbringen wir eine Nacht unter der von Renzo Piano gestalteten Ushibuka Haiya Brücke. Es schläft sich gut unter der Design-Architektur. Am nächsten Tag setzen wir mit der Fähre nach Nagashima Island in die Präfektur Kagoshima über.

Eine rauchender Riese

Ziel der Fahrt ist die gleichnamige Stadt bzw. genauer eine Aussichtsplattform hinter dem Geschäftszentrum. Wer die Stadt besucht, muss hierher kommen. Nur von hier hat man den perfekten Panoramablick über die Innenstadt und – noch viel wichtiger – auf den mitten in der Bucht aufragenden riesigen Sakurajima. Einer der aktivsten Vulkane in ganz Japan, eine stetige Bedrohung für die Großstadt, gleichzeitig ein faszinierender Anblick. Eine kleine Rauchwolke steht über dem Kegel, und während wir lange sitzen und schauen gibt der Sakurajima noch ein, zwei kleine Rülpser von sich. Knapp zwei Stunden später, vom Hafen aus betrachtet, hat sich der Rauch verzogen. Der Riese liegt wieder ruhig und friedlich da, als könnte er kein Wässerchen trüben.

In der Sinneshölle

Es blinkt, es glitzert und es laufen ungefähr einhundert verschiedene Tonspuren gleichzeitig. Vermutlich ist es wie immer Ansichtssache, aber der Besuch in einer japanischen Spielhalle dürfte für sensible Menschen einem Ausflug in die Sinneshölle gleichkommen. Wir kennen derartige Etablissements aus anderen Ländern. So geht es z.B. in den Spielhallen des englischen Küstenstädtchens Whitley Bay optisch und akustisch auch nicht gerade zimperlich zu (was offensichtlich zu einer bleibenden Erinnerung geführt hat, so schnell wie mir das gerade wieder eingefallen ist 🙂 ). Ein derart krass aufdringliches Bombardement der Automaten auf Hör- und Sehsinn haben wir bis dato jedoch noch nirgendwo erlebt. Und der Overkill wirkt, denn auch wir können die Hände nicht stillhalten und müssen unser Glück versuchen, eines der süßen Kuschelmonster mit einem Greifarm in die Freiheit zu entlassen. Wir scheitern kläglich. 🙁 Dann doch lieber schnell weiter zum Kirishima Kinkowan Nationalpark, wo uns ein wunderschöner Sonnenuntergang und absolute Ruhe erwarten.

Auf den Spuren von Ernst Stavro Blofeld

Schon seit unseren ersten Tagen auf Kyūshū haben wir das Gefühl, die vulkanisch geprägte Landschaft von irgendwoher zu kennen. Wikipedia bringt schließlich die Auflösung, es fällt uns wie Schuppen von den Augen: Bond, James Bond! Die grün bewaldeten und sanft nach oben gleitenden Hügel bilden den optischen Hintergrund für Szenen aus You Only Live Twice mit Sean Connery. Genau hier im Kirishima Kinkowan Nationalpark, wo wir wandern gehen, war in einem erloschenen Vulkan der geheime Weltraumbahnhof von Ernst Stavro Blofeld versteckt, von dem aus der Superschurke die beiden Großmächte USA und Sowjetunion seinerzeit in einen Atomkrieg treiben wollte. Da die Anlage am Ende des Films zerstört wurde, fangen wir gar nicht erst an, einen Eingang zu suchen. Würde vermutlich ergebnislos bleiben. 🙂 Aber den Film müssen wir gleich mal wieder anschauen, solange wir noch in Japan sind.

Schwefelgeruch in der Nase

Doch zurück zu unserem Tag im Nationalpark: Bereits am Morgen begrüßt uns der allgegenwärtige Dampf aus einer der heißen Quellen neben dem Kirishima-Jingu Schrein. Abenteuerliche Pflanzen wachsen im kleinen Tümpel, die grüne Farbe deutet auf einen ordentlichen Schwefelgehalt hin. Weiter geht es mit einem Spaziergang zu kleineren Schreinen und Gebetsstätten, die sich im Tal des Mitarai-Flusses aneinanderreihen. Oben auf dem Ebino Plateau mit seinen zahlreichen Vulkankegeln wandern wir zum malerischen Onami-Ike Kratersee, schlürfen Udon-Nudeln und steigen im Anschluss gestärkt den Berg hinauf, um einen Blick auf den gerade sehr aktiven Mount Iō zu bekommen. Es zischt und rauscht ununterbrochen. Immer wieder stößt der Iō große weiße Schwefelwolken aus. Nicht ganz ungefährlich wie es scheint, die Straße über das Plateau sowie die meisten Wanderwege in der Umgebung sind aktuell gesperrt. Lediglich einige Vulkanolog:innen halten sich in der Nähe des Kraters auf, wie wir aus der Distanz aus beobachten können. Ein schaurig-schönes Spektakel, wir schießen ganze Fotoserien und können uns nur schwer vom zischenden, rauchenden und stinkenden Berg losreißen. Doch langsam müssen wir los, schließlich haben wir auf unserem Weg nach Shikoku noch eine ordentliche Strecke vor uns. Die nächste Insel auf unserer Reise.

Ein Kommentar

  1. Mal wieder Hammer, was Ihr da erlebt!

    Im Wohnmobil unter einer Designerbrücke schlafen… Ich lasse mir das gerade auf der Zunge zergehen :-)))

    Bzgl. der „abenteuerlichen Pflanzen im kleinen Tümpel“: Ich vermute mal laienhaft, dass das schwefeloxidierende Bakterien sind.

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