Seit unserem Start in Lima letzten Freitag sind wir auf der Panamerica knapp über 1000 Kilometer weit gefahren. Nach unserer Zeit in Paracas haben wir die letzten drei Tage ordentlich Strecke gemacht und sind heute in Arequipa, der zweitgrößten Stadt Perus, auf knapp 2300 Metern Höhe angekommen. Und doch haben wir dabei nicht nur die Straße und unser Auto gesehen:

In der Oase Huacachina hatten wir abwechselnd das Gefühl, in der Sahara oder in New Mexico gelandet zu sein. Die beeindruckende Ebene mit den weltberühmten Nazca-Linien vermittelte uns wahlweise die Vorstellung, auf dem Mond oder dem Mars unterwegs zu sein. Einen der vielen vor Ort angeboteten Rundflüge über die Lineas haben wir zwar ausgespart, aber auch vom neuen Aussichtsturm aus sind diese uralten Zeugnisse der frühen Nazca-Kultur beeindruckend und lassen einen staunen. Selbst wenn man wie wir nur einen Bruchteil davon gesehen hat. Ob es tatsächlich, wie Erich von Däniken behauptet hat, Außerirdische waren, die ihre Start- und Landebahnen in den Boden geritzt haben, darf selbstverständlich bezweifelt werden. Trotzdem verlassen wir diesen Ort mit einigen Fragezeichen über die Entstehung und Bedeutung der teils kilometerlangen Linien und riesigen Figuren.

Über eine holprige Schotterpiste machen wir am nächsten Tag noch einen Abstecher zur Quebrada de la vaca, einer archäologischen Ausgrabungsstätte mit Funden aus der Zeit der Inka-Kultur. Die Inka haben an diesem Ort Produkte aus dem Meer getrocknet, in unzähligen gemauerten Erdlöchern gelagert (die gesamte Ebene ist von diesen runden „Gewölbekellern“ durchzogen) und im Anschluss nach Cusco und in andere Städte gebracht. Ein wesentlich unbekannterer Ort als Nazca, aber kulturhistorisch nicht weniger bemerkenswert.

Panamericana

Wir sind froh, nicht mit den für Peru so typischen Überlandbussen unterwegs zu sein, sondern mit dem eigenen Mietwagen. Die Fahrt auf der peruanischen Panamericana ist ein Abenteuer für sich und mit den Händen am Lenkrad erlebt man dieses noch einmal viel intensiver (zumal viele der Überlandbusse nachts unterwegs sind und man dadurch die unglaubliche Vielfalt der Wüstenlandschaft an der Pazifikküste nicht mitbekommen kann). Die Straße verläuft teils kilometerlang schnurgerade um sich kurz darauf in zahllosen Serpentinen bergauf oder bergab zu winden. Unzählige LKWs gilt es zu überholen, will man bei Tageslicht ankommen. Dabei wagen wir nach einiger Zeit Manöver, für die wir zuhause in Deutschland umgehend unsere Führerscheine abgeben müssten: In Kurven außen herum überholen, doppelt durchgezogene Linien überfahren und immer wieder in der Straßenmitte Ausschau nach der nächsten Überholmöglichkeit halten. Hier ist das Alltag und aufgrund der teils ungeheuer langsam kriechenden Fahrzeuge unabdingbar. Die Peruaner:innen sind dabei noch um einiges halsbrecherischer unterwegs als wir, und das egal ob mit PKWs oder riesigen Trucks, von denen man selbst bergauf an Stellen überholt wird, wo das eigentlich gar nicht geht.

Realitäten

Auf einer langen Fahrt wird man zwangsläufig mit Dingen konfrontiert, die wenig mit den touristischen und kulturellen Highlights einer Rundreise zu tun haben. Wir sehen die einfachen Lebensbdingungen vieler Peruaner:innen bei der Durchfahrt von Städten und Dörfern und bei Zwischenstopps unterwegs. Wir erleben täglich, wie viele Menschen durch Straßenverkauf und kleinste Dienstleistungen versuchen, ihr Auskommen und das ihrer Familie abzusichern. Wir sehen leider auch bittere Armut und notdürftige Behausungen. Vieles in Peru wirkt provisorisch, unfertig oder ist dem Zerfall preisgegeben. Mit Plakat-Kampagnen werden die Menschen daran erinnert, ihren Müll nicht auf die Straße zu werfen, und doch fliegen uns aus einem Bus leere Plastikflaschen entgegen und sind die Straßenränder in Teilen gesäumt von Reiseabfällen. Am Straßenrand sehen wir viel zu viele Kreuze und kleine Kapellen, die den an der Panamericana tödlich verunglückten Menschen gewidmet sind, was uns bei der Fahrweise im Land allerdings nicht wundert. Und im Supermarkt erschlägt uns ein ganzes Regal voller 9-Liter-Gebinde der hier massenweise konsumierten Softdrinks Coca Cola und Inca Cola. Ob die Kandidat:innen für die anstehenden Wahlen, für die im ganzen Land auf Plakaten, Hauswänden, Baracken und sogar auf den Berghängen Wahlwerbung gemacht wird, an diesen Dingen etwas ändern können und werden?

Neben den kulturellen Highlights und der beeindruckenden Natur sind auch diese Dinge Realitäten für uns bei der Fahrt durch ein für uns fremdes Land. Wir versuchen, all dies wertfrei zu betrachten und tauschen unsere Gedanken dazu aus. Doch manchmal hinterlassen uns die Eindrücke einfach nur schweigend.

3 Kommentare

  1. Auto versus Überlandbus:
    Klar, mit Auto ist das Reisen viel einfacher, aber auch stressiger, die Fahrweise der dortigen Führerscheininhaber ist wirklich abenteuerlich.
    Wir waren mit Übrelandbussen gefahren, aber vor allem auf Nebenrouten mit den „normalen“ Bussen. Erst hier kann man richtig sehen, wie die Bevölkerung tickt und lebt. Das braucht natürlich Zeit. Wir waren 2x in Südamerika, erst Chile von unten bis oben, dann Bolivien und Peru bis Lima. Zweites mal ging es von Lima weiter, Ecuador und Kolumbien. jeweils 3 Monate, alles mit Rucksack und Öffis.
    Die Beobachtungen über die Bevölkerung kann ich nur bestätigen. Sehr gut beschrieben!!
    Wegen dem einfacheren lesen der Beiträge wäre es nett, wenn Du auf das Gendern verzichten könntest.
    Viel Spaß weiterhin, und eine sichere Fahrt wünsche ich euch!

  2. Hallo Jindra, vielen Dank für die Kommentare. Ich hatte ja geschrieben, das Autofahren hier ist schon eine Herausforderung, aber so etwas mag ich 🙂 Und überland ist ja nicht viel Verkehr, da kommt es auf einen selber an, ob man langsam oder mal ein bißchen zügiger machen will und mit den Peruaner:innen um den besten Platz beim Überholen rangelt. Die Verkaufsstände am Patapampa haben wir erst bei der zweiten Durchfahrt tagsüber gesehen, aber dann nicht noch einmal angehalten.
    Was das Gendern betrifft: dem Wunsch werden wir nicht nachkommen, da es uns in Fleisch und Blut übergegangen und auch wichtig ist. Auch wenn es für manche beim Lesen kurz holpert. Da bitte ich um Verständnis.
    Grüße Henrik

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