Wieder einmal verändert sich der Charakter unserer Reise. Während wir in den letzten Wochen möglichst kurze Etappen gefahren sind, um viel und häufig in der spektakulären Natur von Kalifornien, Nevada, Utah und New Mexico sein zu können, bewegen wir uns jetzt in großen Schritten Richtung Osten und erleben Texas, Oklahoma und Missouri hauptsächlich aus dem Fenster blickend. Wir sind unterwegs quer durch das Heartland, wie sich die Mitte des Landes selbstbewußt nennt. Es ist das Land der Great Plains, der großen Rinderherden und der Kleinstädte. Es ist aber auch das Land, in dem es gefühlt noch mehr obszön überdimensionierte Pick-Up Trucks gibt als wir bislang bereits gesehen haben und es ist der Teil der USA mit einer teilweise klaren Mehrheit an Trump-Wähler:innen. Insbesondere Oklahoma ist ein absolutes Kernland der GOP – der Grand Old Party. Das gehört auch zu einer Reise dazu, bei der wir uns ein möglichst umfangreiches Bild dieses so verschieden gefärbten Landes machen wollen.
Seen-Hopping
Was uns hier in der Mitte der USA sehr gut gefällt ist, dass wir bislang jeden Abend an einem See übernachten können. Es gibt unzählige Naherholungsgebiete, Recreation Areas, die entweder städtisch, vom jeweiligen Bundesstaat, dem National Park Service und teilweise auch von einer Abteilung des US-Militärs verwaltet werden (US Army Corps of Engineers). An diesen Seen gibt es immer auch Camping- oder Stellplätze, die keine oder lediglich eine geringe Übernachtungsgebühr kosten. So hüpfen wir nun von See zu See durch eine Landschaft, die uns sehr an Deutschland und Mitteleuropa erinnert. Nach den vielen Tagen in der Wüste und bei den bunten Felsen eine schöne Abwechslung.
Den Auftakt macht, wie bereits im letzten Beitrag geschrieben, der Lake Meredith in Texas. Da wir hier bereits im Dunkeln ankommen, gibt es allerdings mal keine Bilder vom Sonnenuntergang, dafür Impressionen vom glücklicherweise wieder strahlend blauen Morgen.
Von Texas nach Oklahoma
Von Texas sehen wir nur ein kleines Stück, den nördlichen Zipfel des Staates zwischen New Mexico und Oklahoma. Dorthin gelangen wir am nächsten Tag und suchen uns für die Nacht eine nette städtische Anlage am Elk City Lake aus. Ein wunderschöner und gepflegter Flecken, an dem wir entspannt herumschlendern und auf den kleinen See schauen können. Thumbs up for Elk City!
In den Museen
Elk City hat nicht nur den schönen See zu bieten, sondern auch einen ganzen Komplex an Museen, die wir selbstverständlich besuchen. Fünf davon sind auf einem Gelände versammelt, wobei die Übergänge fließend sind und uns auch nicht immer so ganz klar ist, ob und wie die verschiedenen Themen miteinander zusammenhängen. Die Exponate sind kunterbunt zusammengestellt: im National Transport Museum wird nicht nur über die Route 66 informiert (die ja eigentlich einen eigenen Museumsbereich zugeteilt bekommen hat), sondern auch diverse Gegenstände der Native People aus der Region gezeigt. Das Old Town Museum ist eigentlich ein großes und interessant aufgemachtes Freilichtmuseum über das Leben früher, gleichzeitig wird im Obergeschoss des zentralen Gebäudes ausschließlich über die Rodeo-Dynastie der Familie Beutler aus Elk City informiert. Im Bereich Farm und Ranch des Komplexes widerum finden wir dann wunderschöne Autos in der Scheune stehen – zumindest der Plymouth hätte auch gut in die National Transportation Abteilung gepasst. Wir haben aber viel Spaß und unser Besuch hier gestaltet sich äußerst kurzweilig. Schließlich gibt es an jeder Ecke was zu sehen und zu entdecken. Und Junes und Henrik werden glücklicherweise nicht bei lebendigem Leib vom „Blob“ gefressen, wie uns der Filmtrailer mit Steve McQueen im nachgebauten Autokino weismachen will.
Immer tiefer hinein ins Heartland
Wir machen uns auf und nehmen die nächsten Meilen unter die Räder. Chandler, Oklahoma, ist das nächste Etappenziel, genauer gesagt eines der drei Camping-Areale am Bell Cow Lake. Wir steuern Area C an, kommen jedoch nur bis zum Eingangsbereich. Es ist ordentlich was aufgefahren und der Platz komplett abgesperrt. Wir fragen nach und erfahren, dass hier am See das Tabernakelfest stattfindet, ein jährliches Event einer jüdischen Gemeinde bzw. Organisation. Der freundliche Ordner schickt uns daher zu Areal B. Dort ist es menschenleer, wir haben freie Platzwahl und wieder mal das volle Programm: Sonnenuntergang „and a warm campfire“. Und von der gegenüberliegenden Seite des Sees weht die Livemusik vom Fest zu uns herüber.
See Nr. 4
Aller guten Dinge sind vier und daher haben wir uns für die heutige Nacht den Stockton Lake in der Nähe von Springfield, Missouri, ausgesucht. Wir haben einen langen Fahrtag bei bestem Wetter hinter uns, an vielen Stellen über die Originalstrecke der Route 66. Die mautpflichtige Interstate vermeiden wir heute, den Stress mit den vielen LKW brauchen wir nicht jeden Tag. So ist es ein entspanntes Cruisen an Feldern und Farmen entlang, durch Kleinstädte und versprengte Ansiedlungen. St. Louis und Chicago als nächste Ziele immer fest im Blick.