Am 1. September 1939 überfällt das nationalsozialistische Deutschland die Zweite Polnische Republik. Einen Tag später treffen die ersten 150 polnischen Häftlinge in Stutthof ein. So beginnt die Geschichte des späteren Konzentrations- und Vernichtungslagers Stutthof, 37 Kilometer östlich von Danzig, in dem bis zur Befreiung am 9. Mai 1945 ungefähr 110.000 Menschen inhaftiert werden. Nahezu 65.000 der Gefangenen werden ermordet, viele weitere sterben an den Folgen von Zwangsarbeit und der unmenschlichen Unterbringung, an Mangelernährung und Krankheiten.

Erschütterung

Wie soll man von einem Ort erzählen, an dem das Unbegreifliche stattgefunden hat? Den man folglich nicht begreifen kann. Selbst dann nicht, wenn man genau an jenen Stellen steht, an dem das wahnsinnige Geschehen stattgefunden hat. Wenn Tafeln, Dokumente, Gegenstände und die verbliebenen baulichen Überreste lediglich eine Annäherung ermöglichen, unendlich weit entfernt vom Terror und Horror der 2.077 Tage, an dem genau hier die Unmenschlichkeit wütete. Eine rein sachliche Beschreibung erscheint unangemessen, für einen tieferen Einblick in unsere emotionale Erschütterung ist dieser Blog nicht der richtige Ort. Fotografieren verbietet sich, und das nicht nur, weil es auf einem Schild am Eingang steht. Also bleibt uns lediglich zu berichten, dass wir in Stutthof mehr Zeit verbringen, als ursprünglich gedacht. Dass wir den Ort schweigend betrachten und gleichzeitig viel miteinander reden. Dass wir das große Ganze wahrnehmen und doch über die Kleinigkeiten diskutieren. Dass es uns wichtig ist, hier zu sein. Und dass es niemals ein Zuviel an Erinnerungskultur geben kann, auch wenn manche das Gegenteil behaupten.

Wir benötigen etwas Aufmunterung. Das wunderbare Essen im friedlich anmutenden Garten des Restaurants Mały Holender ist gut geeignet, unseren Besuch in Stutthof nachwirken zu lassen und gleichzeitig für eine positive, den vielen schönen Dingen des Lebens zugewandte Stimmung bei uns zu sorgen. Es kann weitergehen.

Entschleunigung Teil 1

Schiffe, die auf Schienen über Rollberge gezogen werden. Was es nicht alles gibt. Da müssen wir hin, das müssen wir sehen.

Der Oberländische Kanal bzw. Kanał Elbląski erstreckt sich von Ostróda im Süden bis Elbląg und weiter hinein ins Frische Haff, welches Anschluss an die Ostsee hat. Absolutes Highlight des Kanals sind fünf sogenannte Rollberge, die zur Überwindung von knapp 100 Metern Höhenunterschied errichtet wurden und die von kanalfahrenden Schiffen auf schienengeführten Transportwagen passiert werden. Diese werden von einer Standseilbahn gezogen, das gesamte System mit Wasserkraft angetrieben. In äußerst gemächlicher Fahrt geht es die unterschiedlich langen und unterschiedlich steil geneigten Ebenen hinauf oder hinunter, je nach Fahrtrichtung. Das System ist derart ausgeklügelt, dass keine Befestigung notwendig ist, um die Schiffe auf den Transportwagen in Position zu halten. Lediglich zwei Taue werden eingehängt, dienen jedoch mehr der Absicherung, als dass die tonnenschweren Schiffe hier tatsächlich festgehalten werden. Eine Notbremse am Waggon gibt es auch, so dass die Fahrt im schlimmsten Fall der Fälle nicht zu einer überdimensionalen Wildwasserbahn gerät.

Unsere Tour startet und ended in Buczyniec, drei Mal geht es für uns auf der Kormoran den Berg hinunter, bevor wir im Anschluss diesselben Berge wieder hochgezogen werden. Dazwischen bewegen wir uns in langsamer Fahrt entlang des engen Kanals, winken dem Gegenverkehr zu und verbringen auf diese Weise drei tiefenentspannte und sehr entschleunigte Stunden auf einem einzigartigen technischen Denkmal.

Entschleunigung Teil 2

Schon wieder Wasser, und schon wieder geht es gemächlich zu. Wir paddeln auf einem der beliebtesten Kajakwanderwege im Gebiet der Masurischen Seenplatte. Von den 91 Kilometern der Krutynia machen wir mit 14 Kilometern zwar nur einen kleinen Abschnitt, die Schönheit der Natur und die friedliche Ruhe der Umgebung sehen und spüren wir dennoch. Und das Wetter ist uns hold. Allerbeste Bedingungen. Und langsames Tempo. Wir kommen zurück in den Weltreisen-Modus.

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