Wie schön, wir müssen die heutige Nacht nicht ungeplant im Fährhafen verbringen. Gestern am Brensholmen fergekai war es ja ganz schnuckelig. Und ausgesprochen ruhig. Die Nacht dort hatten wir allerdings auch einkalkuliert. Dazu später mehr. Jetzt jedenfalls fahren wir als eines der letzten Fahrzeuge auf die Fähre von Gryllefjord nach Andenes und stechen unmittelbar danach um kurz nach 19 Uhr in See. Vier Stunden standen wir in der Warteschlange. Erst morgen Vormittag um 11 Uhr geht die nächste Fähre. Alle, die nach uns gekommen sind, müssen im Hafen übernachten. Uns dagegen erwartet eine Dusche und ein Stellplatz mit Meerblick. Viel besser, als die Nacht eingepfercht zwischen anderen Wohnmobilen zu stehen.

Auf Magerøya

Zweiter Tag am Nordkap. Am Morgen lichtet sich langsam der Nebel. Wir laufen ein letztes Mal nach vorne, wo die Steilküste mehrere hundert Meter tief ins Meer abfällt. Noch einmal zum Globus und zum Denkmal „Kinder der Welt“, dann verabschieden wir uns von diesem besondere Ort und fahren bei Traumwetter nach Skarsvåg. Die kleine Häuseransammlung nennt sich „nördlichstes Fischerdorf der Welt“ und ist bei Tourist:innen vor allem als Shopping-Stop für Souvenirs beliebt. Wir allerdings verfolgen andere Interessen, parken unser Fahrzeug an der verblichenen Dorfschule und machen die kurze Wanderung zum Kirkeporten. Das Felsportal ist eher wenig spektakulär, aber es tut gut, sich bei schönem Sommerwetter ein wenig die Beine zu vertreten und die warmen Sonnenstrahlen zu genießen. Was für ein Gegensatz zum kalten Polarwind am Nordkap.

Der Rest des Tages ist dann fahr’n, fahr’n, fahr’n. Es geht zurück nach Alta, ein weiteres Mal die Strecke über die Hochebene Sennalandet. In Alta besuchen wir das Alta Museum, das für seine Felszeichnungen aus der Stein- und Bronzezeit bekannt ist. Bevor wir uns auf den kleinen Rundgang durch die Anlage begeben, treffen wir im Foyer ein paar alte Bekannte wieder: Passagiere der MS Amera, die uns am Abend zuvor bei unserem Gratis-Besuch in der Nordkaphalle schon einmal begegnet sind. Sachen gibt’s.

Kathedralen

Bevor wir uns am nächsten Morgen auf den Weg durch die Insellandschaft Norwegens machen, besuchen wir die Nordlichtkathedrale, die vor gerade einmal zehn Jahren eingeweiht wurde. Wir sind die einzigen Besucher:innen, haben die modern gestaltete Kirche ganz für uns und sind vielleicht gerade deswegen schwer beeindruckt von der Atmosphäre des monumentalen Gebäudes aus Beton und Titan. Ein sehr besonderer Ort und ein lohnenswerter Kurzbesuch.

Dann sind wir wieder „on the road“. Von Alta die Fjordküste entlang und mit zwei Fährüberfahrten nach Tromsø, größte Stadt im Norden des Landes. Wir fahren entlang hochgradig spektakulärer Landschaften. Grüne Wiesen, dunkelblaue Fjorde, schneebedeckte Berggipfel und dazwischen die typisch roten Holzhäuser. Nach jeder Wegbiegung tun sich uns Motive wie auf Fototapeten auf. Traumhafte Landschaft in Cinemascope.

Nächste Stadt, nächste Kathedrale: die Eismeerkathedrale ist eines der Wahrzeichen von Tromsø, gebaut aus Glas, Beton und Aluminium. Steil ragen die weißen Außenwände gen Himmel, majestätisch und voller Symbolkraft kommt das Bauwerk daher. Leider auch sehr voll: busladungsweise stehen die Menschen Schlange, um die Kathedrale von innen zu besichtigen. Ganz anders als wenige Stunden zuvor in Alta. Wir lugen kurz durchs Fenster, entscheiden uns gegen die Warterei und begeben uns lieber auf einen kleinen Stadtbummel. Über das ehemalige Werftgelände und durch das alte Hafenviertel streunen wir vorbei an wunderbar restaurierten Holzhäusern und den typischen Baustellen moderner Stadtarchitektur. Städtebaulich ist in Tromsø gerade einiges in Bewegung. Weiter geht es zum Kreuzfahrtterminal, wo uns neben einem Schiff der Hurtigruten schon wieder die MS Amera erwartet, mit der wir jetzt bereits den dritten Tag die Route teilen. Wer verfolgt hier gerade wen?

Zu den Inseln

Raus aus Tromsø, ab nach Brensholmen. Dort wollen wir Morgen früh die erste Fähre erwischen, um auf die Insel Senja überzusetzen. Angeblich kann man am kleinen Fähranleger gut übernachten. Als wir gegen 19.30 Uhr ankommen, ist die letzte Fähre des Tages weg und bis auf einige geparkte Autos niemand zu sehen. So haben wir uns das vorgestellt, stellen uns direkt hinter die weiße Linie und genießen den Abend mit Blick zur Mitternachtssonne und zur norwegischen Inselwelt. Und ganz hinten im Dunst sehen wir die MS Amera von dannen ziehen. Vielleicht bis bald, dann auf den Lofoten.

Als wir am nächsten Morgen schlaftrunken aus dem Fenster schauen, staunen wir nicht schlecht: hinter uns hat sich über Nacht eine lange Schlange gebildet. Und noch sind es zwei Stunden bis zur ersten Abfahrt. Wir haben scheinbar alles richtig gemacht, denn als die Fähre um 10.15 Uhr mit uns an Bord ablegt, stehen nach wie vor viele Autos und Wohnmobile am Fergekai. Für die Menschen an Land heißt es jetzt zwei Stunden warten, für uns hingegen: Hei Senja!

Über knapp 70 Kilometer fahren wir die Norwegische Landschaftsroute auf der Nordseite der Insel. Grandiose Szenerien, prachtvolle Farben, serienweise Postkartenmotive und Panorama-Ausblicke. Wow. Was für ein schönes Land! Die Bilder benötigen keine weiteren Worte.

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